Stellungnahme zum Stundentafelentwurf des Hessischen Kultusministeriums
Allgemeine Vorbemerkung
Die Arbeitslehre ist der wichtigste Beitrag in den letzten 100 Jahren zu einem zeitgemäßen Bildungsverständnis. Aufgrund dieser Einbindung zielen ihre unterrichtlichen Fragestellungen, Themen und Methoden immer auf die Vertiefung spezifischer Facetten einer allgemeinen Bildung - und zwar grundsätzlich für die gesamte nachwachsende Generation. Die Inhalte und Verfahren haben ihr didaktisches Zentrum in der Kategorie der Arbeit, die je nach thematischer Ausleuchtung auch ökonomische, technologische, ökologische, informationelle und berufliche Dimensionen in ihrer Tiefenstruktur kenntlich macht. Der bildungswirksame Umgang mit der Kategorie Arbeit ist für alle Jugendlichen gleichermaßen von Relevanz, wenn die Erwachsenenwelt einerseits durch Arbeit und Beruflichkeit gekennzeichnet ist und andererseits eine möglichst schöpferische, verständige und verantwortungsbewusste Teilhabe an dieser Arbeitswelt angestrebt wird.
Um diese Ziele zu erreichen, hat das Fach Arbeitslehre einige unverwechselbare didaktische Positionen entwickelt. Der besondere Bildungsanspruch erfordert erstens eine besonders nachdrückliche Beachtung des Biographischen im Lernprozess sowohl mit Blick auf die Lebens- und Lerngeschichten des einzelnen sowie auf das Hineingeboren-Werden in eine komplex verfahrende und organisierte Arbeitswelt als auch hinsichtlich der Orientierung auf diese Arbeitswelt und seine eigenen Lebensentwürfe.
Die subjektrelevante Erschließung von Themen macht es zweitens wünschbar, den ganzen Menschen mit seinen Sinnen, Affekten, Pragmatiken und Kognitionen zu beteiligen und den erfahrenden, fragenden und reflektierenden Umgang mit Dingen, Situationen, Prozessen und Menschen zum Ausgangspunkt von Lernprozessen zu nehmen, was die Schaffung spezifischer Lehr-Lern-Umwelten impliziert (Arbeit als Handlungsvollzug). Es ist bedeutsam, daß die angestoßenen Prozesse dabei jeweils auch stets auf gehaltvolle und facettenreiche Begriffs-Bildungen zielen.
Die bildende Auseinandersetzung mit existenziell wichtigen Themen reduziert sich drittens nicht darauf, bestimmte spezielle oder generalisierte Fakten über die Welt zur Kenntnis zu nehmen. Es geht wesentlich auch um den Erwerb von Bedeutungen , um den Aufbau zukunftsbezogener, wertgesättigter und subjektiv ausbalancierter Orientierungen und Lebensentwürfe in Auseinandersetzung mit vorfindbaren Eigenschaften von Wirtschaft, Technik, Natur und Gesellschaft.
Viertens wird deshalb verständlich, dass sich die Arbeitslehre in der Wahl der Inhalte und Methoden nicht an einer speziellen wissenschaftlichen Disziplin orientiert. Wie die Kategorie der Arbeit nicht von einer einzigen wissenschaftlichen Disziplin bearbeitet wird, lässt sich die Arbeitslehre in ihrem Bildungsauftrag nicht einer einzigen disziplinären Quelle unterordnen. Sie lässt sich daher auch niemals in die Rahmung anderer Unterrichtsfächer einpassen, die durchgängig an akademischen Strukturierungen ausgerichtet bleiben. Das Fach verlangt eine eigene und anspruchsvolle Kompetenz seiner Lehrenden.
Daher nehmen wir folgendermaßen zu der neuen Stundentafel der verschiedenen Schulformen Stellung.
Spezielle Beurteilungen
1. Arbeitslehre ist nicht nur ein Fach für vorgeblich praktisch Begabte
In der Schule für Lernhilfe und in der Hauptschule haben die Schüler/innen insgesamt 18 bzw. 13 (16) Stunden AL. was wir sehr begrüßen.
Völlig unverständlich ist die Entscheidung, in der Realschule insgesamt nur 8 Stunden, in der Gesamtschule nur 3 Stunden und im Gymnasium überhaupt keine Arbeitslehre auszuweisen. Denn alle Schüler/innen müssen sich nach Ausbildung und Studium den Anforderungen und Bedingungen der Arbeitsgesellschaft stellen und damit auseinandersetzen.
Wie notwendig eine solche schulische Vorbereitung ist, zeigt die allgemeine Desorientierung der Abiturienten hinsichtlich ihrer Lebensplanung.
2. Arbeitslehre darf im schulischen Curriculum nicht unterbrochen werden
In der Realschule wird in den Klassen 5 und 6, dann wieder in den Klassen 9 und
10 Arbeitslehre angeboten, in der Gesamtschule erst in den Klassen 9 und 10.
Diese Fragmentierungen sind bei einem Fach, das einen biographisch ausgerichteten Lernprozess ermöglichen soll, nicht tragbar.
3. Arbeitslehre ist nicht nur Berufswahlhilfe
Arbeitslehre wird nach dem Stundentafelentwurf in der Realschule (§13.3) und in der Gesamtschule (§19.2) überwiegend als Vorbereitung auf die Berufswahl verstanden. Dies ist eine unzulässige Reduktion auf einen Aspekt der Arbeitslehre. Es geht bei diesem Fach vielmehr um das Verständnis aller Bezüge zwischen Arbeit, Wirtschaft, Technik, Umwelt und dem privaten Bereich.
4. Arbeitslehre ist nicht Gesellschaftslehre
Das Fach Arbeitslehre umfasst wesentlich andere Inhalte als das Fach Gesellschaftslehre und unterliegt anderen didaktischen und methodischen Grundentscheidungen. Es kann deshalb nicht einfach dem Lernbereich Gesellschaftslehre zugeordnet werden (s. Gesamtschule § 19.2).
5. Arbeitslehre ist nicht technisches oder künstlerisches Werken
Wir weisen den Hinweis, dass Arbeitslehre in den Klassen 5/6 der Realschule technisches und künstlerisches Werken einschließt, mit Nachdruck zurück. Hier werden Begriffe aus den 50er Jahren wiederbelebt, die angesichts des technischen und wirtschaftlichen Wandels seit den 60er Jahren obsolet sind. Es muss auch schon in den Klassen 5/6 in Arbeitslehre ausschließlich um Lerninhalte gehen, die grundlegend auf die Arbeitswelt vorbereiten. Mit Blick auf die Forderungen des hessischen Schulgesetzes handelt es sich hier eindeutig um Augenwischerei.
6. Arbeitslehre ist nicht Informatik
In § 11.3 wird dem Fach Arbeitslehre die Aufgabe zugewiesen, EDV-Kenntnisse zu vermitteln. An dieser Stelle sollte deutlich der Werkzeugcharakter des PCs innerhalb der Arbeitslehre herausgestellt werden. Soweit dieser überschritten wird, kann es nur um das Verständnis der Bedeutung der EDV für die Entscheidungen in der Arbeitswelt gehen. Entsprechendes gilt für die lnformatikangebote im WPU (§11,4). Siehe auch § 15.5, in dem Informatik, und Hinführung zur Arbeitswelt in eine möglicherweise missverständliche Nähe gebracht werden.
7. Arbeitslehre ist nicht nur ökonomische Bildung für die vergeblich kognitiv Begabten
Im Gymnasium wird das Fach Arbeitslehre nicht angeboten. Dafür tauchen in §15.4 die Ökonomische Bildung", deren Inhalte verschiedenen, nicht genannten Fächern zugeordnet werden können, und in § 15.5 die "Hinführung zur Arbeitswelt" auf Wir halten beides für eine Alibi-Aussage im Hinblick auf das hessische Schulgesetz; es soll der Eindruck erweckt werden, als seien Arbeitslehre-Inhalte auch weiterhin im Gymnasium zu vermitteln.
8. Das Betriebspraktikum, die Berufsorientierung und Arbeitsplatzerkundungen sind nicht beliebig anderen Fächern zuzuordnen
Laut hessischem Schulgesetz sollen alle Schüler/innen ein Betriebspraktikum absolvieren. Die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Betriebspraktika fällt eindeutig in die Kompetenz der Arbeitslehre. Dies gilt praktisch auch für alle Formen der Arbeitsplatzerkundungen. Diese dafür notwendigen Stundenkapazitäten des Faches Arbeitslehre müssen folgerichtig in den Stundentafeln aller Schüler/innen ausgewiesen werden.
9. Arbeitslehre darf nicht fachfremd unterrichtet werden
Der Unterricht in Arbeitslehre erfordert fachspezifisch gründlich ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Die Hinführung zur Arbeitswelt für alle Schüler ist so bedeutsam, dass Arbeitslehre nicht sachfremd unterrichtet werden kann. Die Zuordnung zu anderen Fächern wie GL, Kunst u.ä. "stellt sicher", dass wesentliche Ziele des Faches nicht erreicht werden.
10. Arbeitslehre darf nicht nur ein Angebot im Wahlpflichtbereich sein
In allen Schulformen, in denen Arbeitslehre nur noch sehr rudimentär (Realschule, Gesamtschule) oder gar nicht (Gymnasium) vertreten ist, wird darauf hingewiesen, dass ja die Hinführung zur Arbeitswelt im Wahlpflichtunterricht erfolgen könne (vgl. §§ 13,2 - 15,3 - 19,2 - 19,7). Auf diese Weise erhalten manche Schüler/innen (1. Fremdsprache in der RS, 2. Fremdsprache in GS und GY) gar keinen Arbeitslehre-Unterricht (trifft auch hier wieder die Unterscheidung zwischen vergeblich "praktisch" und "kognitiv" Begabten zu?). Außerdem müssen Schüler/innen hier eine Entscheidung treffen zwischen Arbeitslehre und anderen Angeboten aus dem musischen Bereich. Es ist nicht einzusehen, dass ihnen existenziell wesentliche Bildungsangebote vorenthalten bleiben.
Fazit
Arbeitslehre ist ein eigenständiges Fach. Schüler/innen aller Schulformen, auch des Gymnasiums, sollten im Pflichtbereich der Klassen 5-10 in Arbeitslehre unterrichtet werden.
Dieser Unterricht sollte mindestens zwei Stunden pro Woche umfassen. Arbeitslehre muss von fach- und sachgerecht ausgebildeten Lehrer/innen unterrichtet werden.
Hier ist zu fordern, dass die Vorgaben des Hessischen Schulgesetzes ernst genommen und tatsächlich umgesetzt werden.
Das Fach Arbeitslehre darf nicht 'Spielball' wechselnder politischer Mehrheiten und z.T. rückwärtsgewandter Interessen sein. Vielmehr müssen pädagogische Erkenntnisse, wirtschaftspolitische Erfordernisse sowie wissenschaftliche Befunde für das Fach richtungsweisend sein. Vor diesem Hintergrund ist statt des jetzt vorgesehenen Rückbaus sogar eine Ausweitung des Faches Arbeitslehre auf die Oberstufe des Gymnasiums zu fordern.
Die Arbeitslehre ist der wichtigste Beitrag in den letzten 100 Jahren zu einem zeitgemäßen Bildungsverständnis. Aufgrund dieser Einbindung zielen ihre unterrichtlichen Fragestellungen, Themen und Methoden immer auf die Vertiefung spezifischer Facetten einer allgemeinen Bildung - und zwar grundsätzlich für die gesamte nachwachsende Generation. Die Inhalte und Verfahren haben ihr didaktisches Zentrum in der Kategorie der Arbeit, die je nach thematischer Ausleuchtung auch ökonomische, technologische, ökologische, informationelle und berufliche Dimensionen in ihrer Tiefenstruktur kenntlich macht. Der bildungswirksame Umgang mit der Kategorie Arbeit ist für alle Jugendlichen gleichermaßen von Relevanz, wenn die Erwachsenenwelt einerseits durch Arbeit und Beruflichkeit gekennzeichnet ist und andererseits eine möglichst schöpferische, verständige und verantwortungsbewusste Teilhabe an dieser Arbeitswelt angestrebt wird.
Um diese Ziele zu erreichen, hat das Fach Arbeitslehre einige unverwechselbare didaktische Positionen entwickelt. Der besondere Bildungsanspruch erfordert erstens eine besonders nachdrückliche Beachtung des Biographischen im Lernprozess sowohl mit Blick auf die Lebens- und Lerngeschichten des einzelnen sowie auf das Hineingeboren-Werden in eine komplex verfahrende und organisierte Arbeitswelt als auch hinsichtlich der Orientierung auf diese Arbeitswelt und seine eigenen Lebensentwürfe.
Die subjektrelevante Erschließung von Themen macht es zweitens wünschbar, den ganzen Menschen mit seinen Sinnen, Affekten, Pragmatiken und Kognitionen zu beteiligen und den erfahrenden, fragenden und reflektierenden Umgang mit Dingen, Situationen, Prozessen und Menschen zum Ausgangspunkt von Lernprozessen zu nehmen, was die Schaffung spezifischer Lehr-Lern-Umwelten impliziert (Arbeit als Handlungsvollzug). Es ist bedeutsam, daß die angestoßenen Prozesse dabei jeweils auch stets auf gehaltvolle und facettenreiche Begriffs-Bildungen zielen.
Die bildende Auseinandersetzung mit existenziell wichtigen Themen reduziert sich drittens nicht darauf, bestimmte spezielle oder generalisierte Fakten über die Welt zur Kenntnis zu nehmen. Es geht wesentlich auch um den Erwerb von Bedeutungen , um den Aufbau zukunftsbezogener, wertgesättigter und subjektiv ausbalancierter Orientierungen und Lebensentwürfe in Auseinandersetzung mit vorfindbaren Eigenschaften von Wirtschaft, Technik, Natur und Gesellschaft.
Viertens wird deshalb verständlich, dass sich die Arbeitslehre in der Wahl der Inhalte und Methoden nicht an einer speziellen wissenschaftlichen Disziplin orientiert. Wie die Kategorie der Arbeit nicht von einer einzigen wissenschaftlichen Disziplin bearbeitet wird, lässt sich die Arbeitslehre in ihrem Bildungsauftrag nicht einer einzigen disziplinären Quelle unterordnen. Sie lässt sich daher auch niemals in die Rahmung anderer Unterrichtsfächer einpassen, die durchgängig an akademischen Strukturierungen ausgerichtet bleiben. Das Fach verlangt eine eigene und anspruchsvolle Kompetenz seiner Lehrenden.
Daher nehmen wir folgendermaßen zu der neuen Stundentafel der verschiedenen Schulformen Stellung.
Spezielle Beurteilungen
1. Arbeitslehre ist nicht nur ein Fach für vorgeblich praktisch Begabte
In der Schule für Lernhilfe und in der Hauptschule haben die Schüler/innen insgesamt 18 bzw. 13 (16) Stunden AL. was wir sehr begrüßen.
Völlig unverständlich ist die Entscheidung, in der Realschule insgesamt nur 8 Stunden, in der Gesamtschule nur 3 Stunden und im Gymnasium überhaupt keine Arbeitslehre auszuweisen. Denn alle Schüler/innen müssen sich nach Ausbildung und Studium den Anforderungen und Bedingungen der Arbeitsgesellschaft stellen und damit auseinandersetzen.
Wie notwendig eine solche schulische Vorbereitung ist, zeigt die allgemeine Desorientierung der Abiturienten hinsichtlich ihrer Lebensplanung.
2. Arbeitslehre darf im schulischen Curriculum nicht unterbrochen werden
In der Realschule wird in den Klassen 5 und 6, dann wieder in den Klassen 9 und
10 Arbeitslehre angeboten, in der Gesamtschule erst in den Klassen 9 und 10.
Diese Fragmentierungen sind bei einem Fach, das einen biographisch ausgerichteten Lernprozess ermöglichen soll, nicht tragbar.
3. Arbeitslehre ist nicht nur Berufswahlhilfe
Arbeitslehre wird nach dem Stundentafelentwurf in der Realschule (§13.3) und in der Gesamtschule (§19.2) überwiegend als Vorbereitung auf die Berufswahl verstanden. Dies ist eine unzulässige Reduktion auf einen Aspekt der Arbeitslehre. Es geht bei diesem Fach vielmehr um das Verständnis aller Bezüge zwischen Arbeit, Wirtschaft, Technik, Umwelt und dem privaten Bereich.
4. Arbeitslehre ist nicht Gesellschaftslehre
Das Fach Arbeitslehre umfasst wesentlich andere Inhalte als das Fach Gesellschaftslehre und unterliegt anderen didaktischen und methodischen Grundentscheidungen. Es kann deshalb nicht einfach dem Lernbereich Gesellschaftslehre zugeordnet werden (s. Gesamtschule § 19.2).
5. Arbeitslehre ist nicht technisches oder künstlerisches Werken
Wir weisen den Hinweis, dass Arbeitslehre in den Klassen 5/6 der Realschule technisches und künstlerisches Werken einschließt, mit Nachdruck zurück. Hier werden Begriffe aus den 50er Jahren wiederbelebt, die angesichts des technischen und wirtschaftlichen Wandels seit den 60er Jahren obsolet sind. Es muss auch schon in den Klassen 5/6 in Arbeitslehre ausschließlich um Lerninhalte gehen, die grundlegend auf die Arbeitswelt vorbereiten. Mit Blick auf die Forderungen des hessischen Schulgesetzes handelt es sich hier eindeutig um Augenwischerei.
6. Arbeitslehre ist nicht Informatik
In § 11.3 wird dem Fach Arbeitslehre die Aufgabe zugewiesen, EDV-Kenntnisse zu vermitteln. An dieser Stelle sollte deutlich der Werkzeugcharakter des PCs innerhalb der Arbeitslehre herausgestellt werden. Soweit dieser überschritten wird, kann es nur um das Verständnis der Bedeutung der EDV für die Entscheidungen in der Arbeitswelt gehen. Entsprechendes gilt für die lnformatikangebote im WPU (§11,4). Siehe auch § 15.5, in dem Informatik, und Hinführung zur Arbeitswelt in eine möglicherweise missverständliche Nähe gebracht werden.
7. Arbeitslehre ist nicht nur ökonomische Bildung für die vergeblich kognitiv Begabten
Im Gymnasium wird das Fach Arbeitslehre nicht angeboten. Dafür tauchen in §15.4 die Ökonomische Bildung", deren Inhalte verschiedenen, nicht genannten Fächern zugeordnet werden können, und in § 15.5 die "Hinführung zur Arbeitswelt" auf Wir halten beides für eine Alibi-Aussage im Hinblick auf das hessische Schulgesetz; es soll der Eindruck erweckt werden, als seien Arbeitslehre-Inhalte auch weiterhin im Gymnasium zu vermitteln.
8. Das Betriebspraktikum, die Berufsorientierung und Arbeitsplatzerkundungen sind nicht beliebig anderen Fächern zuzuordnen
Laut hessischem Schulgesetz sollen alle Schüler/innen ein Betriebspraktikum absolvieren. Die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Betriebspraktika fällt eindeutig in die Kompetenz der Arbeitslehre. Dies gilt praktisch auch für alle Formen der Arbeitsplatzerkundungen. Diese dafür notwendigen Stundenkapazitäten des Faches Arbeitslehre müssen folgerichtig in den Stundentafeln aller Schüler/innen ausgewiesen werden.
9. Arbeitslehre darf nicht fachfremd unterrichtet werden
Der Unterricht in Arbeitslehre erfordert fachspezifisch gründlich ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Die Hinführung zur Arbeitswelt für alle Schüler ist so bedeutsam, dass Arbeitslehre nicht sachfremd unterrichtet werden kann. Die Zuordnung zu anderen Fächern wie GL, Kunst u.ä. "stellt sicher", dass wesentliche Ziele des Faches nicht erreicht werden.
10. Arbeitslehre darf nicht nur ein Angebot im Wahlpflichtbereich sein
In allen Schulformen, in denen Arbeitslehre nur noch sehr rudimentär (Realschule, Gesamtschule) oder gar nicht (Gymnasium) vertreten ist, wird darauf hingewiesen, dass ja die Hinführung zur Arbeitswelt im Wahlpflichtunterricht erfolgen könne (vgl. §§ 13,2 - 15,3 - 19,2 - 19,7). Auf diese Weise erhalten manche Schüler/innen (1. Fremdsprache in der RS, 2. Fremdsprache in GS und GY) gar keinen Arbeitslehre-Unterricht (trifft auch hier wieder die Unterscheidung zwischen vergeblich "praktisch" und "kognitiv" Begabten zu?). Außerdem müssen Schüler/innen hier eine Entscheidung treffen zwischen Arbeitslehre und anderen Angeboten aus dem musischen Bereich. Es ist nicht einzusehen, dass ihnen existenziell wesentliche Bildungsangebote vorenthalten bleiben.
Fazit
Arbeitslehre ist ein eigenständiges Fach. Schüler/innen aller Schulformen, auch des Gymnasiums, sollten im Pflichtbereich der Klassen 5-10 in Arbeitslehre unterrichtet werden.
Dieser Unterricht sollte mindestens zwei Stunden pro Woche umfassen. Arbeitslehre muss von fach- und sachgerecht ausgebildeten Lehrer/innen unterrichtet werden.
Hier ist zu fordern, dass die Vorgaben des Hessischen Schulgesetzes ernst genommen und tatsächlich umgesetzt werden.
Das Fach Arbeitslehre darf nicht 'Spielball' wechselnder politischer Mehrheiten und z.T. rückwärtsgewandter Interessen sein. Vielmehr müssen pädagogische Erkenntnisse, wirtschaftspolitische Erfordernisse sowie wissenschaftliche Befunde für das Fach richtungsweisend sein. Vor diesem Hintergrund ist statt des jetzt vorgesehenen Rückbaus sogar eine Ausweitung des Faches Arbeitslehre auf die Oberstufe des Gymnasiums zu fordern.